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Corona instead of boxing ring: Vitali Klitschko’s toughest fight (NDR)

19.06.2020

Vitali Klitschko was one of the best heavyweight boxers and together with his brother Wladimir the poster boy of Hamburg’s Universum boxing promotion company. Vitali has been mayor of Kyiv, the Ukrainian capital since 2014. The NDR’s Sportsclub talked exclusively to him about his fight against the corona crisis (in German).

 

Wer gegen die besten Schwergewichtsboxer der Welt im Ring gestanden und fast immer auch gewonnen hat, braucht gute Nehmerqualitäten und sehr starke Nerven. Doch in Zeiten der Corona-Pandemie politische Verantwortung zu tragen, wiegt schwerer, betont Vitali Klitschko. Der 48-Jährige, einst mit seinem Bruder Wladimir Aushängeschild des Hamburger Universum-Boxstalls, ist seit 2014 Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew. “Im Ring war es einfacher als nun Bürgermeister zu sein”, sagt Klitschko im Sportclub Exklusivinterview.

“In einem Boxkampf bist du für dich selbst verantwortlich, in Kiew für vier Millionen Einwohner. Der Kampf ist sehr schwierig. Physisch bin ich stark, aber die psychische Belastung ist hoch.”

Klitschko auf allen Kanälen präsent

Die Ukraine hat wie alle europäischen Länder in den vergangenen Monaten harte Einschränkungen des öffentlichen Lebens vorgenommen. Klitschko ließ die Krankenhäuser in Kiew frühzeitig für Covid-19-Patienten vorbereiten, selbst die U-Bahn fuhr nicht. “Zum ersten Mal in 60 Jahren”, wie er betont. Der Bürgermeister informiert die Einwohner Kiews jeden Tag über die Situation und die erforderlichen Maßnahmen. Er setzt sich öffentlichkeitswirksam als Macher in Szene und nutzt auch seine Social-Media-Kanäle, um im Gespräch zu bleiben. Gerne mit einem Augenzwinkern. So kann die Welt Kiews Bürgermeister auf Instagram auch schon mal bei der Haarpflege bewundern.

Bislang kam die Ukraine relativ gut durch die Corona-Krise. Laut offiziellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es bis zum 17. Juni 33.234 Erkrankungen und 943 Tote.

Beraten ließ sich Klitschko auch vom Robert-Koch-Institut in Berlin. Zudem steht er im weltweiten Austausch mit Kollegen in anderen Großstädten. Entsprechend hoch ist das Arbeitspensum. “Ich verbringe sehr viel Zeit im Büro, weil sehr große Herausforderungen zu meistern sind. Die harte Quarantäne ist vorbei, aber wir müssen sehr stark aufpassen”, warnt der Bürgermeister.

“Wenn du es gut machen willst, musst du es selbst machen”

Den Wechsel in die Politik bereut Klitschko aber keinesfalls. “Es gibt einen Spruch: ‘Wenn du es gut machen willst, musst du es selbst machen.’ Deswegen habe ich mir das Ziel gesetzt, Kiew vom Lebensstandard her zu einer europäischen Stadt zu machen. Kiew ist geografisch und kulturell eine europäische Stadt. Aber den Lebensstandard müssen wir noch auf das europäische Level bringen.”

Hoffen auf dritte Amtszeit

Klitschko bewirbt sich deshalb um eine dritte Amtszeit. “Aller guten Dinge sind drei”, sagt der Ex-Boxer, der wohl gute Chancen auf den Sieg bei der für den Herbst geplanten Wahl hat, obwohl seine Umfragewerte nicht überragend sind. Noch immer ist die Korruption ein großes Problem in Kiew. Vor allem die sehr einflussreiche Baubranche soll (zu) gute Beziehungen zu Politik und Verwaltung unterhalten.

Und irgendwann Präsident der Ukraine?

Auch Klitschko geriet deshalb schon mehrfach unter Druck, vor allem im Sommer des vergangenen Jahres. Der damals neugewählte Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, ist ein bekennender Klitschko-Gegner und forderte seinerzeit dessen Absetzung als Chef der Verwaltung, was einer De-Facto-Entmachtung gleichgekommen wäre. Doch Klitschko wich nicht und hat noch immer die Zügel in der Hand. In der Pandemie steigen die Beliebtheitswerte des ehemaligen Boxers sogar wieder.

Sollte er im Herbst zum dritten Mal zum Bürgermeister gewählt werden, wäre eine Kandidatur für das Präsidentenamt der nächste Schritt – oder? Klitschko weicht bei der Frage aus. “Mein Ziel sind nicht Posten, sondern ich will die Ukraine zu einem europäischen Land formen.”